Unabhängiger
Verwaltungssenat
Wien

1190 Wien, Muthgasse 64
Telefon: (43 01) 4000 DW 38610
Telefax: (43 01) 4000 99 38610
E-Mail: post@uvs.magwien.gv.at
DVR: 0641324

 

 

 

UVS-03/P/48/5835/2006/15                                                                     Wien, 14.11.2006

Dipl.-Ing.Dr. Martin Anton Ertl                                                                                                 

Verwaltungsstrafsache;

Berufung

 

Geschäftsabteilung: B

 

 

 

BERUFUNGSBESCHEID

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Frank  über die Berufung des Herrn DI Dr. Martin Anton Ertl gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Margareten, vom 14.06.2006, S 204.952/Mg/05, wegen Übertretung des 1.) § 68 Abs 1, 1. Satz und 2.) § 7 Abs 1 jeweils iVm § 99 Abs 3 lit a StVO, entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG eingestellt.

 

Demnach entfällt der erstinstanzliche Kostenbeitrag. Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

 

BEGRÜNDUNG

 

Das angefochtene Straferkenntnis ist gegen den Berufungswerber als Beschuldigten gerichtet und enthält folgenden Spruch:

 

„1.) Sie haben am 22.11.2005, 21.55 Uhr in Wien 4., Margaretenstraße von Höhe ONr. 9 bis Höhe ONr. 37 ein einspuriges Fahrrad gelenkt und dabei nicht den vorhandenen Radweg, sondern die Fahrbahn benützt

2.) Sie sind am 22.11.2005, 21.55 Uhr in Wien 4., Margaretenstraße von Höhe ONr. 37 bis Wien 5., Margaretenstraße Höhe ONr. 80, als Lenker eines einspurigen Fahrrades nicht soweit rechts gefahren, wie es unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne eigene Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, indem Sie mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 30 km/h auf der Fahrstreifenmitte fuhren, obwohl rechts Platz zum Fahren gewesen wäre, wodurch einem Pkw Lenker, der links an Ihnen vorbeifahren wollte, das Vorbeifahren nicht möglich war und dieser dadurch behindert wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.) § 68 Abs. 1, 1. Satz, 2.) § 7 Abs. 1, jeweils iVm § 99 Abs. 3 lit a StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist,                                gemäß

                             Ersatzfreiheitsstrafe von

55,00 €                                             26 Stunden                                 § 99 Abs 3 lit a StVO

55,00 €                               26 Stunden                                  § 99 Abs 3 lit a StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

11,00 € als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der strafe.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 121,00 €.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber entscheidungswesentlich vorbringt, er habe einerseits eine Trainingsfahrt unternommen andererseits wäre kein Beweisergebnis zu erzielen, dass ausreichende Feststellungen darüber zuließe, wie weit rechts er konkret fahren hätte müssen.

 

Aus dem der Berufung beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass zur Frage einer Trainingsfahrt nur festgehalten worden war, der Beschuldigte hätte helle Lederschuhe getragen und eine Tasche wäre auf dem Gepäcksträger angebracht gewesen. Zur Beschaffenheit des Fahrstreifenrandes wurden widersprüchliche bzw gar keine Feststellungen in Hinblick auf eine Eigen- oder Fremdgefährdung durch den beschuldigten Lenker eines Rennfahrrades getroffen.

 

Am 14.11.2006 fand eine öffentliche mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien statt, zu welcher der Berufungswerber mit seinem Vertreter sowie die Meldungsleger Insp Kusch und RevInsp Hietz erschienen sind.

Im Rahmen der Verhandlung konnten keine weiteren Feststellungen für die Klärung der entscheidenden Fragen des Vorliegens einer Trainingsfahrt und zur Fahrrandbeschaffenheit getroffen werden, was auch nicht weiter verwundert, als doch schon ein Jahr seit Begehung der vorgeworfenen Übertretungen verstrichen ist. Die Zeugen verwiesen dazu im Wesentlichen auf die schon zu Akt erliegenden Stellungnahmen und Berichte, bzw konnte RevInsp Hietz dem erkennende Mitglied nicht davon überzeugend berichten, wie die Fahrbahn zum Tatzeitpunkt beschaffen war.

 

In seinen Schlussausführungen bezieht sich der Vertreter des Berufungswerbers auf das schon schriftlich Vorgebrachte und zeichnete den Berufungswerber ein weiters Mal als notorischen Radfahrer, der an der Einhaltung und zweckmäßigen Aufrechterhaltung der einschlägigen Verkehrsvorschriften interessiert wäre.

 

DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT ERWOGEN:

 

Gemäß § 68 Abs 1 StVO ist auf Straßen mit einer Radfahranlage mit einspurigen Fahrrädern ohne Anhänger die Radfahranlage zu benützen, wenn das Befahren der Radfahranlage in der vom Radfahrer beabsichtigten Fahrtrichtung gemäß § 8a erlaubt ist. Mit Fahrrädern mit einem Anhänger, der nicht breiter als 80 cm oder ausschließlich zur Personenbeförderung bestimmt ist, mit mehrspurigen Fahrrädern, die nicht breiter als 80 cm sind, sowie bei Trainingsfahrten mit Rennfahrrädern darf die Radfahranlage benützt werden; mit Fahrrädern mit einem sonstigen Anhänger und mit breiteren mehrspurigen Fahrrädern ist die für den übrigen Verkehr bestimmte Fahrbahn zu benützen. Auf Gehsteigen und Gehwegen ist das Radfahren in der Längsrichtung verboten. Auf Geh- und Radwegen haben sich Radfahrer so zu verhalten, dass Fußgänger nicht gefährdet werden.

 

Gemäß § 7 Abs 1 StVO hat Der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Gleise von Schienenfahrzeugen, die an beiden Rändern der Fahrbahn liegen, dürfen jedoch nicht in der Längsrichtung befahren werden, wenn der übrige Teil der Fahrbahn genügend Platz bietet.
 
Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Aufgrund der widersprüchlichen Beweisergebnisse und der in sich nicht schlüssigen bzw. unvollständigen Angaben der Meldungsleger hat der erkennende Senat davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen hat. Dies auch vor dem Hintergrund, dass dieser in der mündlichen Verhandlung einen sorgfältigen und glaubwürdigen Eindruck für die entscheidenden Tatbildelemente der Trainingsfahrt mit einem Rennrand und der ungefährdenden Benutzung des Fahr(bahn)streifenrandes hinterließ. Der Berufungswerber ist passionierter Radfahrer und nützt jede sich ihm bietende Möglichkeit, um ein Training durchzuführen. Es ist ihm gerade in dieser Eigenschaft auch zuzumuten sich entsprechend der Witterungsverhältnisse zu verhalten und unter Hintanhaltung einer Eigen- oder/und Fremdgefährdung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unterwegs zu sein, daraus resultierend wieder den im Gesetz geforderten gefährdungsfreien Abstand einzuhalten. Damit hat er weder den einen noch den anderen ihm angelasteten Tatbestand verwirklicht.

 

Das Verfahren war deshalb spruchgemäß einzustellen und das erstinstanzliche Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

 

Der Kostenausspruch gründet sich auf die im Spruch genannte Gesetzesstelle.

 

RECHTSMITTELBELEHRUNG

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

HINWEIS

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein und ist mit 180,-- Euro zu vergebühren.

 

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien

 

 

Dr. Frank

 

 

 

 

Ergeht an:

 

1) Herrn Dipl.-Ing.Dr. Martin Anton Ertl, z.Hd. Herrn Mag. Franz Galla, 1040 Wien, Margaretenstraße 22, RSb;

2) Bundespolizeidirektion Wien, via Büro für Rechtsfragen und Datenschutz, zur weiteren Veranlassung und Zustellung der Parteiausfertigung (2 BB + Akt, ZNW)

3) Akt